MIH

Besondere Versorgung und Maßnahmen bei MIH.

Seit 2001 wird die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (kurz: MIH) als eigenständige Diagnose gestellt. Vorher wurde sie entweder als ideopathische Schmelzfehlbildung oder eben erst als Karies erkannt. Heute ist sie klar definiert und wird in drei verschiedene Schweregrade, die jeweils eine andere Therapie erfordern, unterschieden. Meistens findet man die MIH an bleibenden Backenzähnen und Schneidezähnen. Die Zähne sind dann gelblich-weiß oder braun verfärbt und sehen „porös“ aus. Allerdings wird sie auch ab und zu bereits an Milchzähnen oder anderen bleibenden Zähnen gefunden.

 

Die Ursachen der MIH sind leider bis heute nicht geklärt. Es werden verschiedene Auslöser diskutiert, darunter Sauerstoffmangel bei der Geburt, Antibiotikaeinnahmen während der Schwangerschaft oder in der frühen Kindheit, zu langes Stillen, Mangelernährung, Plastiknuckel und andere. Sicher ist bisher nur, dass der Schmelzmantel der betroffenen Zähne weniger gut mineralisiert ist. Das bedeutet, dass diese Zähne häufig empfindlicher als „normale“ Zähne sind und auch anfälliger für Karies oder Säureattacken. Hinzukommend kann es spontan zu Absprengungen von Zahnstücken kommen. Die betroffenen Patienten haben teilweise sogar schon beim Zähneputzen Schmerzen. Eine besonders gute Mundhygiene ist bei Patienten mit einer MIH allerdings extrem wichtig. Leider reicht gutes Putzen bei der MIH oft nicht aus und die Zähne bekommen Karies, obwohl zuhause alle Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Wir empfehlen als zusätzlichen Schutz regelmäßige Zahnarztbesuche, am besten in Abständen von 3 Monaten. Die MIH-Zähne werden dabei prophylaktisch hochdosig fluoridiert, außerdem können fortschreitende Substanzverluste frühzeitig erkannt und behandelt werden. Weitere Optionen für die häusliche Versorgung der MIH Zähne sind täglich verwendete kariesprotektive Mundspüllösungen und regelmäßige Anwendung von Tooth Mousse oder anderen hochfluoridhaltigen Präparaten wie Elmex Gelee wöchentlich.

 

Wie sieht die optimale Behandlung eines MIH-Zahnes aus?

MIH Grad 1: Die MIH ersten Grades stellt vor allem ein ästhetisches Problem dar. Die Zähne haben gelblich-braune Flecken und manchmal Absprengungen im Schmelz. Meist sind diese Zähne noch nicht empfindlich. Hier empfiehlt sich im Seitenzahnbereich eine frühzeitige Versiegelung, um dem Zahn optimalen Schutz zu geben. Bei bleibenden Frontzähnen kann der Patient entscheiden, ob ihn die fleckigen Zähne stören und er diese eventuell mit Kunststofffüllungen oder aufgeklebten Verblendschalen (Veneers) optisch den anderen Zähnen angleichen möchte. Es besteht allerdings rein funktionell kein Behandlungsbedarf.

 

MIH Grad 2: Bei der MIH zweiten Grades sind die Zähne nicht nur verfärbt, sondern weisen auch eine veränderte Form auf. Teilweise fehlen schon Stückchen vom Zahn und dem Patienten fallen diese Zähne zum Beispiel als temperaturempfindlich auf. Diese Zähne kann man meistens sehr gut mit Kunststofffüllungen versorgen. Hierzu müssen allerdings vorerst alle porösen Anteile des Zahnes entfernt werden, um einen idealen Klebeverbund zwischen Zahn und Füllung gewährleisten zu können. Eine solche Füllung kann den Zahn stabilisieren und deckt meist auch die empfindlichen Areale ab. Wichtig für die Langlebigkeit solcher Füllungen ist eine gute Mundhygiene. Es ist also die Mitarbeit des Patienten gefragt.

 

MIH Grad 3: Manchmal können auch Zähne mit einer MIH dritten Grades noch mit Füllungen versorgt werden. Meistens allerdings sind die Substanzverluste der Zähne so großflächig, dass nur noch eine Versorgung mit einer Krone oder die Entfernung des Zahnes angeraten werden können. Die Entfernung eines Zahnes (Extraktion) kann zum Beispiel bei jungen Patienten angezeigt sein, wenn der Zustand und Schweregrad der MIH vermuten lassen, dass der Zahn auch trotz aufwendiger Rekonstruktion nicht auf Dauer gehalten werden kann. Hier bietet sich es an, den Zahn zu entfernen und die Lücke durch den von hinten anschließenden Zahn zu schließen.

 

Viele Zahnärzte vertreten noch den Standpunkt, jeden Zahn so lange wie möglich zu erhalten. Auf die Versorgung mit Füllungen folgt dann irgendwann eine prothetische Versorgung mit einer Krone und eventuell Wurzelkanalbehandlungen. Enden tut diese Abwärtsspirale meistens mit Extraktion und Zahnersatz anhand von Brücken oder Implantaten. Für den Patienten bedeutet das häufig, über Jahrzehnte mit der Problematik und Versorgung dieser Zähne beschäftigt zu sein. Zudem häufen sich immer wieder Kosten an. Eine neue Sichtweise auf die Therapie der MIH stellt deswegen eine frühzeitige Entfernung der betroffenen Zähne dar, um dem Patienten eine so lange, teure und aufwendige Versorgung zu ersparen.

 

Ablauf der Extraktionstherapie bei MIH

Diese Art der Therapie erfordert eine gute Zusammenarbeit von verschiedenen Fachdisziplinen und dem Patienten. Nach der Diagnose einer therapiebedürftigen MIH durch den Zahnarzt, muss zunächst eine umfassende kieferorthopädische Diagnostik durchgeführt werden. Anhand verschiedener Röntgenbilder, Gebissmodellen und Fotos des Patienten kann die Situation eingeschätzt werden und eine individuelle Therapie geplant werden. Teilweise ergibt diese Analyse auch, dass eine Entfernung der Zähne aufgrund des individuellen Wachstumsmusters nicht zu empfehlen ist, da diese große funktionelle oder ästhetische Nachteile ergeben würde. In dem Fall würde man eher zur Erhaltung des Zahnes raten. Wenn die Analyse allerdings grünes Licht für die Entfernung der MIH-Zähne ergeben hat, muss der korrekte Zeitpunkt gewählt werden. Auch der optimale Zeitpunkt für diesen Eingriff ist von Patient zu Patient unterschiedlich. In manchen Fällen nutzt man gern den Wachstumsschub zwischen dem achten und zwölften Lebensjahr aus, um die Lücken kieferorthopädisch zu schließen. In anderen Fällen möchte man die Lücken gern beibehalten, um bereits bestehende Engstände der Zähne auszugleichen. Um die Harmonie der Zahnbögen zu bewahren, kann es manchmal sinnvoll sein, nicht nur die betroffenen Zähne zu entfernen, sondern auch die entsprechenden Zähne auf der gegenüberliegenden Seite oder im anderen Kiefer. Wichtig ist, dass nach Abschluss der Therapie jeder Zahn gut abgestützt und eingereiht ist. Insgesamt ist diese Therapieoption die endgültigste. Allerdings ist sie noch so neu, dass sie nicht alle Zahnärzte kennen und/oder unterstützen. Unser Praxisteam bleibt weiterhin am Ball und informiert sich über alle neuen Erkenntnisse aus der Wissenschaft, um Ihnen und Ihren Kindern immer optimale Therapievorschläge machen zu können.

 

Wenn Sie Fragen zu MIH oder den Therapiemöglichkeiten haben, sprechen Sie uns gern bei Ihrem nächsten Termin darauf an.

Ihre Kinderzahnarztpraxis Dr. Melanie Elger

 

(anlässlich des aktuellen Artikels „Kieferorthopädische Extraktionstherapie bei Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH)“ in der ZMK, Ausgabe Juli/August 2016)